Akademische Forschung und Bibliographie

Akademische Forschung und Bibliographie

Ein Überblick

Europäer und Amerikaner entdecken die ostasiatische Kalligraphie mit der Einbindung Chinas und Japans in das westliche Handels- und Herrschaftssystem im 19. Jahrhundert. Die wohl erste Auseinandersetzung eines Westlers mit dieser Kunstform nach der Öffnung Japans stellt Ernest Fenollosas Schrift „The Chinese Written Character as a Medium for Poetry“ („Das chinesische Schriftzeichen als poetisches Medium“) dar, deren Interpretation der chinesischen Schrift allerdings sehr eigenwillig und teilweise falsch ist.

Die erste wissenschaftliche Auseinandersetzung mit ostasiatischer Kalligraphie in deutscher Sprache ist Dietrich Seckels „Das Schriftzeichen Hsiao“ in seiner „Einführung in die Kunst Ostasiens“ von 1960. Im Zentrum der Beschreibung steht eine Kalligraphie des Kaisers Hüan-Tsung (jap./chin. 玄宗), das Schriftzeichen , das Seckel sehr ausführlich auf seine ästhetischen Qualitäten hin untersucht. Dabei gibt er auch eine Beschreibung der kalligraphischen Kunst an und für sich, und erwähnt weitere Werke, etwa von Oyō Jun oder O Gishi (chin. Ouyang Xun bzw Wang Xizhi / 欧陽詢 bzw王羲之)
Dietrich Seckel begründete die ostasiatische Kunstwissenschaft in Deutschland. Er lehrte in Heidelberg, und unter seinen Schülern war unter anderem Roger Goepper, der lange Zeit das Museum für ostasiatische Kunst in Köln leitete.

Goepper schrieb einen Abriß zur Kalligraphiegeschichte, der in dem Band „Chinesische Kunst“ erschien, daneben gibt es einen von ihm und Hiroko Yoshikawa kommentierten Katalog zu einer Ausstellung in Köln: „Sho - Pinselschrift und Malerei in Japan vom 7. bis zum 19. Jahrhundert“. 
Weiterhin findet man in deutscher Sprache die Kataloge „Sho - Moderne japanische Schriftkunst“ und  „Worte in Bewegung - Moderne Japanische Schreibkunst“ zur modernen japanischen Kalligraphie.
Eine große deutsche Sammlung vornehmlich japanischer Kalligraphien ist die von Heinz Götze. Auch zu ihr existiert ein kommentierter Katalog.

Eine systematischere Einführung als solche Kataloge bietet Suzanne Wen-Pu Yao. Ihr Buch „Ostasiatische Schriftkunst“ ist eine leicht verständliche Einführung, streift die japanische Kalligraphie jedoch leider nur kursorisch. 
Daneben existiert noch eine überschaubare Zahl von Veröffentlichungen zu speziellen Aspekten der Kalligraphie oder zu einzelnen Künstlern. 
Suishu Klopfenstein-Arii, die, selbst eine im deutschsprachigen Raum wirkende Kalligraphin, zu eigenen Werken und unterschiedlichen Aspekten der Kalligraphie schreibt, stellt unter diesen Autoren wohl ein Unikum dar.

Zahlreiche Einführungen und Erläuterung zur chinesischen Kalligraphie und ihrer Geschichte sind in englischer und deutscher Sprache erschienen. Auch die Kalligraphie der Gegenwart wird in verschiedenen Büchern eingehender besprochen. Sucht man jedoch eine systematische Einführung zur japanischen Kalligraphie und ihrer Geschichte in deutscher Sprache, so findet man nur wenig. Einen Überblick geben wollten Brasch und Senzoku mit dem Buch „Die kalligraphische Kunst Japans“ (1964), aber das Buch geriet sehr trocken und chronologisch, allgemeinere theoretische Aspekte bleiben im Hintergrund.

In englischer Übersetzung ist die japanische Kalligraphiegeschichte Nishikawas, eines auch in Japan anerkannten Kalligraphieforschers, erschienen. Nishikawas Einführung ist auch optisch ansprechend, und das für einen Überblick wohl empfehlenswerteste Werk.

Theoretische Betrachtungen zu Schrift und Kalligraphie gibt es unter anderem von Florian Coulmas (als Unterkapitel in „Über Schrift“) oder Christian Scheffler (im Handbuch zu „Schrift und Schriftlichkeit“). Diese thematisieren aber stärker den linguistischen Aspekt als kunsthistorische Überlegungen.

Besitzt man bereits japanische Sprachkenntnisse und möchte sich der Kalligraphie annähern, so gibt es neben den zahlreichen Lehrbüchern für den Unterricht an High Schools seit 2013 auch eine offizielle Einführung des „Landesweiten Universitäts-Verbandes für Kalligraphiestudien“ (全国大学書道学会). Diese Einführung trägt den Titel 書の古典と理論, die englische Übersetzung ist auf dem Buchdeckel mit „The Classics and Theory of Calligraphy“ angegeben. Dieses Werk stellt eine gründliche Einführung in das weite Feld der ostasiatischen Kalligraphie dar, neben zahlreichen Abbildungen enthält sie auch Hinweise zu Themen wie der Herstellung und Herkunft der Materialien des Kalligraphen, den kalligraphischen Sammlungen in den Museen Ostasiens und weiterführende Literaturhinweise.

Daneben existieren die Anthologien des Verlages Nigensha zu den kalligraphischen Klassikern, die von vielen praktizierenden Kalligraphen genutzt werden. Die "Shodō-Zenshū" des Heibonsha-Verlages richtet sich mit ihrer großen Detailfülle eher an den wissenschaftlich Interessierten. 




Deutschsprachige Literatur


Brasch, Kurt und Takayasu, Senzoku. Die kalligraphische Kunst Japans, Tōkyō 1964.

Wen-Pu Yao, Suzanne. Ostasiatische Schriftkunst, Berlin 1982.
Götze, Heinz, Hg. Chinesische und japanische Kalligraphie aus zwei Jahrtausenden: die Sammlung Heinz Götze, Heidelberg 1987.

Goepper, Roger und Yoshikawa, Hiroko: Sho, Pinselschrift und Malerei in Japan vom 7. bis zum 19. Jahrhundert, Köln 1975.


Englische Literatur


Nakata, Yūjirō. The art of Japanese Calligraphy, Tōkyō 1973. (Übersetzung des jap. Buches Sho in der Serie Nihon no Bijutsu)

Shimizu, Yoshiaki und Rosenfield, John. Masters of Japanese calligraphy: 8th - 19th century, Conneticut und New York 1985
(kommentierter Ausstellungskatalog)


Japanische Literatur

Shodō Zenshū. (書道全集) hrsg. Heibonsha. (平凡社), 1968.
(deutsch etwa: Gesammelte Werke der Kalligraphie)

Chūgoku Shohōsen. (中国書法選) hrsg. Nigensha (二玄社), 1988.
(deutsch: Anthologie der chinesischen Kalligraphie)

Sho no Koten to Riron. (書の古典と理論) hrsg. Zenkoku-Daigaku-Shodō-Gakkai 全国大学書道学会 Mitsumura Tosho-Shuppan (光村図書出版), 2013. 
(deutsch: Klassiker und Theorie der Kalligraphie)


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